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Hilfsmittel bei Hyperakusis

Geräuschtherapie bei Hyperakusis

Das neurophysiologische Modell beschreibt, dass Personen, die an Tinnitus / Hyperakusis / Misophonie leiden und  die sich längere Zeit in einer ruhigen Umgebung aufhalten,  Geräusche in den Hörbahnen lauter wahrnehmen. Dies führt zu einer Verstärkung des Tinnitus
und / oder dazu, dass Geräusche in der Umgebung als unerträglich laut empfunden werden.

Zusätzlich reagieren wir nicht nur auf den absoluten Wert des Stimulus, sondern auf die Differenz zwischen dem Stimulus (oder unerträglichem Geräusch) und dem Hintergrund. Das unerträgliche Geräusch sticht nicht so scharf heraus und ist weniger offenbar, wenn es von anderen Geräuschen begleitet wird.

Anreicherung mit Geräuschen bedeutet, dass man der eigenen Umgebung Geräusche zufügt. Das Ziel ist, die unerträglichen Geräusche mit neutralen Geräuschen zu umgeben. Geräuschtherapie ist ein integraler Teil der Tinnitus Retraining Therapie (TRT). Menschen mit signifikanter Hyperakusis / Misophonie wird empfohlen, den ganzen Tag über ihre Umgebung mit  Geräuschen anzureichern.
Das bedeutet, dass man immer darauf achtet, dass Geräusche da sind.

Welche Art von Geräuschen sollte verwendet werden?

Das Hören von Radio, Musik oder TV lenkt Sie ab, auf unerträgliche Geräuschen zu lauschen und es ist wenig wahrscheinlich, dass Sie überhaupt etwas Unangenehmes hören.

Die wenigsten Leute wollen jedoch diese Geräusche über längere Zeit hören, schon gar nicht den ganzen Tag. Es empfiehlt sich daher, weniger stimulierende und monotonere Geräusche zu wählen.

Es sollten immer angenehme Geräusche eingesetzt werden. Je nach Stimmung und Bedarf kann man einen einzelnes Geräusch wählen oder verschiedene Geräusche. Ideal ist es, eine tragbare Geräuschquelle zu benutzen, wie z. B. CD Spieler, Radio, MP3player. Passende CDs mit Naturgeräuschen (Meereswellen, Regenrauschen etc) oder ähnlichem gibt es überall zu kaufen oder können runtergeladen werden. Es gibt Geräuschgeneratoren, die hinter dem Ohr getragen werden und ein weißes Rauschen produzieren. Sie sind tragbar und diskret und eine gute Alternative, wenn einem das weiße Rauschen zusagt.

Empfohlen wird auch rosa Rauschen, das den therapeutischen Wert der Geräuschanreicherung erheblich verbessert haben soll. Hauptsächlich jedoch kommt es darauf an, dass das Geräusch als angenehm empfunden wird, aber gleichzeitig nicht auffällig im Vordergrund steht, es soll also auch nur leise im Hintergrund wahrzunehmen sein.

Geräuschtherapie bei milder Hyperakusis

Ein kontinuierliches, niedrig-schwelliges Geräusch wird empfohlen. Dies sollte gut zu hören sein und allmählich so eingestellt werden, das es sich mit den Geräuschen „vermischt“, die Ihnen unerträglich scheinen. Sind diese Geräusche jedoch ziemlich laut und damit schwierig zu ertragen, sollte die Lautstärke so eingestellt werde, dass das Geräusch gerade noch hörbar ist. Ist das Geräusch dann eingestellt, sollten Sie versuchen, es zu ignorieren.
Geräuschtherapie bei schwerer Hyperakusis

Hier sollte das Geräusch langsam und allmählich eingeführt werden, die Anwendungsdauer langsam gesteigert werden, sowie das Volumen allmählich von Null gesteigert werden.

Die Anwendungsdauer sollte so lange wie möglich sein, aber langsam gesteigert werden. Besser ist es, das Geräusch leiser aber länger anzuwenden als umgekehrt. Das Geräusch sollte für einen immer längeren Zeitraum angewendet werden. Außerdem sollte die Lautstärke allmählich bis zum „Mixing Point“ erhöht werden. Dies kann Monate dauern, lassen Sie sich Zeit.

Menschen mit schwerer Hyperakusis / Misophonie, besonders wenn ein Knalltrauma die Ursache war, können es häufig nicht ertragen, Geräuschgeneratoren auf Ohrhöhe oder mit Kopfhörern anzuwenden. In diesen Fällen sind tragbare CD oder MP3 Player eine Alternative, mit Hörern, die um den Hals getragen werden.

Der Geräuschgenerator als Schutzschild

Mit Hilfe des Geräuschgenerators kann man nach einer Zeit der Gewöhnung daran gehen, sich auch in Bereiche zu wagen, die einem wegen der lauteren Geräusche Angst machen. Der Geräuschgenerator ist wie eine schützende Barriere, der störende andere Geräusche wie ein „Geräuschkissen“ dämpft. Dadurch gewinnt man mehr Selbstvertrauen in ungewöhnter akustischer Umgebung und kann dadurch langsam auf Lärmschutz verzichten.

Geräuschtherapie beim Schlafen

Auch hier wird ein kontinuierliches niedrig-schwelliges Geräusch empfohlen. Unerträgliche Geräusche treten in den Hintergrund, sowohl beim Einschlafen wie beim Aufwachen in der Nacht.

Konzentrieren Sie sich beim Einschlafen nicht auf das Geräusch, lassen Sie es einfach im Hintergrund. Probieren Sie auch andere Ablenkungsstrategien beim Einschlafen, z. B. Lesen im Bett.
Maskieren – was ist der Unterschied zur Geräuschtherapie?

Um eine Desensibilisierung zu erreichen, muss man das unerträgliche Geräusch hören können und darf es daher nicht maskieren.

Lärmschutz

Die meisten Menschen mit schwerer Hyperakusis / Misophonie verwenden Gehörschutz, viele benutzen ihn die ganze Zeit. Man sollte dies für jeden individuell überprüfen, da konstantes Tragen von Gehörschutz die Empfindlichkeit gegenüber unerträglichen Geräuschen steigert. Die Betroffenen sollten versuchen, ihre Lebensqualität zu steigern und sich wieder mehr in das alltägliche Leben hinauswagen. Hier kann Lärmschutz anfänglich helfen, es sollte dann aber daran gearbeitet werden, mit Hilfe der Geräuschtherapie dies wieder abzusetzen.

Der Hörakustiker bietet mehrere Arten Lärmschutz an: maßgearbeitete feste Silikonstöpsel und Stöpsel für Musiker. Bei schwerer Hyperakusis / Misophonie werden Silikonstöpsel verwendet, mit Stöpseln für Musiker hört und kommuniziert man besser. Sie sind ein gutes Mittel, um von den festen Silikonstöpseln wegzukommen und allmählich ohne Stöpsel zurecht zu kommen.

Hörgeräte, die als Filter dienen

Hochentwickelte digitale Hörgeräte können als elektronische Filter eingesetzt werden. Durch Kompression reduzieren sie die Lautstärke auf eine normale Gesprächslautstärke mit minimaler Verzerrung. Dies verhindert Überprotektion der Ohren und bietet gleichzeitig einen effektiven Schutz vor zu lauten Geräuschen. Dies ist geeignet für Personen mit normalem Hörvermögen wie für Personen mit Hörverlust. Es eignet sich nicht für Personen, die Kopfhörer und Ohrstöpsel nicht ertragen können. Allgemein kann es sein, dass bei Menschen mit schwerer Hyperakusis / Misophonie erst ein gewisses Maß an Desensibilisierung erreicht werden muss, bevor Hörgeräte in Betracht gezogen werden können.
Hörgeräte – als Filter und Verstärker bei Hyperakusis und Hörverlust

Die Anstrengung, einer Unterhaltung zu folgen und die sich daraus ergebenden Kommunikationsschwierigkeiten führen häufig zu Frustration, Ermüdung und Stress. All dies kann die Hyperakusis / Misophonie erheblich verschlimmern.

Hörverlust entwickelt sich meist langsam. Er bedeutet, dass leise Töne nicht gehört werden. Wenn das erste Mal ein Hörgerät angepasst wird und die leisen Töne in normaler Lautstärke gehört werden, muss das, was man als „normales Hören“ betrachtet, neu definiert werden. Viele leise Töne scheinen unnatürlich laut und hervorstechend während der ersten paar Wochen, da das Gehirn Zeit braucht, um neu zu lernen und entspannt mit diesen Geräuschen umzugehen. Dies ist eine besondere Herausforderung für Menschen mit Hyperakusis / Misophonie und kann bis zu mehreren Monaten dauern.

Zusätzlich muss eine Geräuschtherapie durchgeführt werden, um die Hyperakusis / Misophonie in den Griff zu kriegen. Es ist jedoch wichtig daran zu denken, dass es für Menschen mit Hörverlust schwierig ist, eine Stimme durch Hintergrundgeräusche zu hören. Es gibt jetzt digitale Hörgeräte mit mehreren Kanälen, Twin Mikrophonen und Geräuschunterdrückung, die bei der Kommunikation mit Hintergrundgeräuschen sehr gute Dienste leisten.

Zum guten Schluss:

Wenn Ihre Desensibilisierung nun allmählich immer besser vorankommt und Sie laute und unvorhergesehene Lärmsituationen besser ertragen können, dann fangen Sie doch wieder an, sich Aktivitäten zu widmen, die Sie früher schwierig fanden. Gehen Sie in ein Café, gehen Sie in ein Einkaufszentrum, nehmen Sie Ihr „Schutzschild“ als Filter mit, Ihre Musiker Stöpsel, oder Ihre Hörgeräte. Lassen Sie sich immer die Möglichkeit offen, zu gehen, wenn es Ihnen zu viel wird. Aber schließen Sie sich nicht ein, genießen Sie Ihre wieder gewonnene Freiheit, am ganz normalen alltäglichen Leben teilzunehmen.

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